26.03.2023 Varna WDSF

Bulgarien: das 30. Land auf der internationalen Tanztournee

Europameisterschaft der Senioren III
und viele WDSF-Turniere in Varna

In 29 Ländern hatten Marcel Erné und Birgit Suhr-Erné seit 1992 Tanzturniere bestritten, und nun suchten sie nach dem dreißigsten Land, um ihre Sammlung zu vervollständigen. Das war gar nicht so einfach, denn fast alle Länder, in denen internationale Turniere angeboten werden, hatten sie bereits besucht, und infolge von Corona war das Angebot im Jahre 2023 bisher eher dürftig.

So packten die Beiden die Gelegenheit beim Schopf, als Ende März in Varna, der bulgarischen Schwarzmeermetropole, anlässlich des Black Sea Dance Festivals neben zahllosen Wettbewerben für die Jugend ein großes Programm von WDSF-Turnieren und die erste Europameisterschaft der Senioren III angeboten wurden.

Flaggenparade beim Black Sea Dance Festival

Um genügend Pufferzeit zwischen den Flügen zu sichern, wählten die Beiden die Route mit Zwischenstopps in München und Wien. Während Birgit in München einen Fotogruß an die zu dieser Zeit auf Sylt beim Tanzsportseminar von Betty und Gerwin Biedermann beschäftigten Freunde absandte,

Seafood am Airport München

versuchte Marcel, sich schon mal an den Geschmack von Freiheit und Abenteuer zu gewöhnen.

Nichtraucher vor Zigarettenwerbung am Airport

Einige Stunden später ging es mit der AUA über die schneebedeckten Gipfel der Karpaten in Richtung Bulgarien.

Verschneite Berge in Fledermausform

Bei Ankunft in Varna machte das Schwarze Meer seinem Namen alle Ehre.

Der Anblick des Rosslyn Hotels bei Sonnenuntergang …

und das dekorative Foyer mit Ballroom-Hinweis machten einen verheißungsvollen Eindruck,

doch dann dämpfte der Ausblick vom Hotelzimmer auf sozialistische Plattenbauten und rund um die Uhr scheppernde Klima-Aggregate die Begeisterung der Ankömmlinge.

Am nächsten Morgen stand die Erkundung des riesigen Sea Gardens an, der sich kilometerweit entlang dem Meeresstrand erstreckt.

Der Name der Stadt in lateinischen …
und kyrillischen Buchstaben

Für die Besucher hält der Park viele sportliche Angebote bereit. Zum Beispiel Minigolf nach Seemannsart:

Bei dem eisigen Wind heißt es kräftig gegensteuern

oder sich mit Freikörper-Frühgymnastik fit halten. Nur die Harten kommen in den Garten!

Auch beim Volkstanz bläst der Wind durch die dünnen Klamotten,

also lieber etwas Wärmeres anziehen!

Wer den Langstreckenlauf erfolgreich absolviert hat,

kann die Schuhe statt an den Nagel an den Baum hängen

oder auf den Händen weitermachen.

Breakdance – die einzige olympische Tanzdisziplin

Fotos: Marcel Erné und Birgit Suhr-Erné

 

Am Abend war das Sportzentrum dann Schauplatz der feierlichen Eröffnung der Europameisterschaft der Senioren III Standard. Durch den Triumphbogen aus blauen und weißen Ballons wurde das WDSF-Banner hereingetragen.

Verglichen mit den mindestens zehnmal so großen Startfeldern bei Weltmeisterschaften war das Aufgebot von nur 20 Paaren recht spärlich, aber immerhin kamen sie aus neun verschiedenen Nationen, und der Aufmarsch wirkte sehr festlich.

Organisator und Moderator Salvatore Todaro von der Bulgarian Dancesport Federation begrüßte Gäste, Athleten und Funktionäre.

Lebhafte Geste für die Gäste

Der olympische Eid durfte nicht fehlen,

bevor die teilnehmenden Paare ausmarschierten und sich startklar machten.

Deutsches Spitzenpaar: Thomas und Susanne Schmidt

Fotos: Timofei Krasnobaev

Für manche etwas unerwartet siegten nicht die Vizeweltmeister von 2022 und derzeitigen Weltranglistenzweiten, Slawek Lukawczyz und Janine-Nicole Desai, die diesmal nur auf das dritthöchste Treppchen kamen, sondern die Italiener Fiorenzo Fortin und Marianna Voltan vor ihren Landsleuten Vittorio Bramati und Silvia Martorelli, den Vierten der WM 2022. Den Platz direkt neben dem Treppchen nahmen die ehemaligen Vizeweltmeister und Deutschen Meister, Thomas und Susanne Schmidt, ein.

Siegerehrung Europameisterschaft Senioren III Standard

Foto: privat

Tags darauf waren dann Birgit und Marcel bei den Senior Open IV dran.

Blick von oben
… in die riesige Sporthalle
… und von unten auf die Siegertrophäen

Fotos: Marcel Erné und Birgit Suhr-Erné

Transsylvanien ist nicht weit: Startnummernvergabe mit langen Fingernägeln

Foto: Timofei Krasnobaev

Neue Erfahrungen der Weltenbummler vor internationaler Kulisse

Foto: privat

Vor dem eigenen Start erfreuten sich unsere Beiden an den faszinierenden Präsentationen der Latein-Jugend

und der Weltspitzenpaare bei den International Open Standard.

Schwarz war im Finale die beherrschende Farbe.

Applaus, Begeisterung und Motivation

                                                                                                   Fotos: Marcel Erné

Und dann galt es, sich selbst vor den kritischen Blicken der neun Wertungsrichter auf der Riesenfläche positiv zu präsentieren.

Gewonnen wurde dieses Turnier erwartungsgemäß von den Weltmeistern 2022 und amtierenden Europameistern, Renzo Furlan und Daniela Sattin; Zweite wurden Duilio Castelli und Paola Patrizi, die im Vorjahr das WDSF-Turnier in Bremen vor den Weltranglistenersten, Michael Pauser und Claudia Molecz, gewonnen hatten. Auf Platz 3 kamen Sergio Gritti und Francesca Luigia Filippini, die erst vor kurzem in die Altersklasse IV gewechselt waren und vorher zahllose Finals bei WDSF-Turnieren der Senioren III bestritten und etliche davon gewonnen hatten. Damit hielt Forza Italia das Treppchen fest unter Kontrolle, und es war klar, dass unsere Beiden gegen diese Koryphäen nicht punkten konnten. Aber es war ihnen eine Ehre und Freude, in solch erlesenem Kreis mit auf der Fläche agieren zu dürfen.

Dynamisch auf die schräge Bahn geraten!?
The little couple from Germany says thanks

Da sämtliche Siegerehrungen am Ende eines langen Tages gemeinsam vorgenommen wurden, war noch einmal Geduld und fast mehr Kondition und Ausdauer als bei den Turnieren gefordert.

Erst durften sich die Jüngsten über ihre Erfolge freuen und präsentierten stolz die Urkunden.

Dann war die Hauptklasse an der Reihe. Bei den International Open hatten unangefochten mit fast allen Einsen die WM-Dritten und Weltranglistenzweiten Tomas und Violetta Fainsil aus Deutschland gesiegt.

Am längsten mussten die Senioren auf ihre Ehrung warten.

Und schließlich, zu allerletzt, gab es doch noch Medaillen für unsere Beiden als zweitbestes Paar der Seniors over 70.

Fotos: Timofei Krasnobaev

Weniger schmuckvoll wirkte der Saustall, den die Tanzsportjugend in den zu Garderoben umfunktionierten Gängen des riesigen Sportkomplexes hinterließ.

Da Birgit und Marcel die beiden gewonnenen Weinflaschen natürlich nicht im Handgepäck auf den Rückflug nach Deutschland mitnehmen durften, mussten die edlen Tropfen vor Ort im Hotelzimmer verkonsumiert werden, was aber einen fröhlichen Ausklang förderte,

Prosit auf das 30. Tanz-Land!

zumal der Zimmerservice noch einige lokale Köstlichkeiten lieferte.

Guten Appetit!

 

Doch es folgte das dicke Ende: Aufgrund des generellen „Warnstreiks“ in Deutschland hatte man den Rückflug schon um einen Tag verschoben – und dann erhielt man kurzfristig per Smartphone die Nachricht, dass auch der Dienstagsflug von Varna nach Wien ersatzlos gestrichen worden war. Also noch einen Tag mehr ausharren und hoffen. Das veranlasste unsere Beiden, für die letzten zwei Tage nach einem geräuschärmeren Zimmer zu fragen – und siehe da, ein solches war noch frei, mit weitaus schönerem Ausblick auf den prächtigen Sportpalast nebenan (der aber leider nicht das Black Sea Dance Festival beherbergt hatte).

Die bessere Seite

Am Montag war endlich strahlendes Frühlingswetter, so dass eine weitere ausgiebige Wanderung durch den Sea Garden sich anbot. Die monströsen Kriegerdenkmale beeindruckten allerdings mehr durch Monumentalität als durch Schönheit.

Und am Schwarzmeerstrand konnte man dann mal Seele und Beine baumeln lassen.

Im kleinen, aber sehenswerten Zoo (Eintritt: 1,50 € !) traf man auf allerlei putzige Zeitgenossen.

Frühjahrsmüdigkeit bei kleinen …
und großen Katzen

Warum also nicht zur Abwechslung mal einen Affentanz aufführen?

Dunkle Wolken und eisiger Regen hingegen am unfreiwilligen Verlängerungstag, an dem man Bekanntschaft mit berühmten Kosmonauten wie Juri Gagarin

und mit kalorienreicher Weltraumnahrung machte.

Der verlockenden Einladung zu einer Odyssee im Weltraum zu den Walzerklängen „An der schönen blauen Donau“ konnte Marcel gerade noch widerstehen …

denn nun hieß es sich zu einem anderen Abflug bereit machen.

Endlich im Flugzeug untergebracht, empfing die Abenteurer die nächste Hiobsbotschaft: Der Abflug verzögerte sich wegen plötzlich einfallenden Schneetreibens um nicht vorhersehbare Zeit, da die Maschine nun erst einmal enteist werden musste.

Verspäteter Abflug im Schneeregen

Nach der Landung in Wien dann die Hoffnung, als Transit-Fluggäste rechtzeitig die Maschine nach Hannover zu erreichen. Doch so leicht machen es einem die österreichischen Aufsichtsbehörden nicht: Da Bulgarien noch nicht zum Schengen-Raum gehört, ging das Vorwärtskämpfen in der endlosen Schlange vor der Security noch einmal von vorne los. Als man endlich an der Reihe war, sah man einen Teil des Handgepäcks auf ein „Nebengleis“ entschwinden, wo er andächtig von einer Kontrolleurin betrachtet wurde, die erst einmal in aller Gemütsruhe ihre Brotzeit verzehrte. Muss ja auch mal sein. Dann die Begründung: Stein des Anstoßes war ein Fläschchen Erdbeerlikör, das Birgit und Marcel im Duty-Free Shop am Airport Varna (innerhalb des Sicherheitsbereichs!) erworben hatten.

Sprengstoffgeladenes Souvenir?

Fotos: Marcel Erné und Birgit Suhr-Erné

Es dauerte schier endlos; das obskure Objekt wurde von einer Kontrollstelle zur nächsten weitergereicht und verschwand schließlich im uneinsehbaren Hintergrund. Um nicht auch noch den Flug nach Hannover zu verpassen, entschlossen sich Birgit und Marcel in diesem Augenblick der Not, das kostbare Elixier den Schnüffelhunden der österreichischen Security zu überlassen und schnurstracks zum Gate am anderen Ende des riesigen Wiener Airports zu hasten, wo das Boarding bereits begonnen hatte. Und schließlich landeten sie wohlbehalten, aber ohne Mozart im heimatlichen Flughafen.

+++

Nach dreißig Jahren Globetrotting in Sachen Tanzsport und einer Fülle von spannenden Erlebnissen, aufregenden Abenteuern, ein paar Enttäuschungen und vielen Glücksmomenten ziehen Birgit und Marcel nun Bilanz:

Rund 150 internationale Turniere in 30 Ländern,
darunter Austrian Open, British Open, French Open, German Open, Italian Open,
120 der Turniere im Ausland,
Finalplatzierungen in der Hälfte aller Turniere,
in einem Viertel der Turniere auf dem Treppchen: 10 erste, 10 zweite und 17 dritte Plätze.

Weiß-blaue Komposition zum Jubiläum

Foto: privat

Da ist jetzt erst einmal eine verdiente Verschnaufpause in den Osterferien angesagt.

 

Allen Tanzsportfreunden einen österlichen Gruß aus dem Zoo von Varna!

Foto: Marcel Erné